„Der Tatortreiniger: Schottys Kampf“ oder Dolchstoßlegende Reloaded
„Der Tatortreiniger: Schottys Kampf“
(2013) von Arne Feldhusen
Die Serie „Der Tatortreiniger“ mit Bjarne Mädel begegnete mir, wie so vielen Leuten, zuerst im Blog des vortrefflichen Herren Niggemeier, wo dieser sie als einen Anklagepunkt gegen die Öffentlich Rechtlichen Sender vorbrachte, die hier einmal etwas außergewöhnliches produziert hätten und es nun praktisch vor dem Zuschauer verbargen.
Wirklich teilen konnte ich seine Euphorie nicht, da mir das Verhältnis von Komik und Tragik darin meist etwas schlecht ausbalanciert vorkam, aber allein dass es im deutschen Fernsehen so eine Mischung gibt, ist ja schon förderungswürdig. Mag die Serie also auch nicht das Meisterwerk sein, als sie viele darstellen, ist sie doch ein Schritt in die richtige Richtung.
Doch nun sah ich mit ziemlicher Verspätung die preisgekrönte Folge (Grimme und Civis) „Schottys Kampf“, in der unser Held das Blut eines verunglückten Nazis aus dessen Vereinshaus entfernen soll und ich schlug entsetzt die Hände zusammen, was man mir hier darbot.
Die erste Hälfte war lobenswert: Tatortreiniger Schotty ist verständlich entsetzt, als er sieht, wo er da gelandet war, doch der eloquente und rhetorisch verdammt geschickte Nazi Sandberg vermag ihn in die Ecke zu reden. Der ja nun nicht allzu redegewandte Schotty kann nur hilflos mit zweifellos richtigen, aber wenig reflektierten Positionen gegen den in dieser Hinsicht fähigeren Vertreter des Bösen wenig ausrichten. Anders als viele andere deutsche Produktionen gestattet man hier auch dem Nazi mal Redezeit, was an sich löblich wäre, würde man ihn denn widerlegen – doch dazu ist Schotty (absolut in character) nun einmal nicht in der Lage. Das ist mutig und richtig, doch nur die halbe Miete.
Wie kommen Feldhusen und Autorin Mizzi Meyer da nun wieder heraus? Jeder wird verstehen, dass sie dem Schurken nicht das letzte Wort lassen wollen.
Sie lösen das Problem auf furchtbare Art und Weise, nämlich indem sie schummeln. Argumentativ siegreich muss Sandberg weg und überlässt das Feld seinem Kumpel „Bombe“. Der ist ein plumper Affenmensch, der nichts versteht, ins Leere starrt und regelmäßig ohne Zusammenhang „Deutschland!“ hervorgrunzt, also eine so plumpe Karikatur, wie sie in einer reinen Komödie hätte vorkommen können, hier aber völlig fehl am Platz ist. Gleiches gilt für den Gag, dass hier eine Stuhlprobe Adolf Hitlers als Reliquie verehrt wird.
Diesen Deppen lässt Schotty nun die falschen Papiere unterzeichnen und damit die reichhaltige Nazi-Devotionaliensammlung des Vereins zur Entrümpelung freigeben.
Mit anderen Worten: Der Nazi bleibt moralischer Sieger. Sandberg hat offen und legal diskutiert und verblieb im Felde ungeschlagen. Schotty kanalisiert seinen Ärger, argumentativ nicht mithalten zu können, indem er hinten rum und mit illegalen Mitteln zum Betrug greift. Was uns Feldzusen und Meyer hier also zeigen ist die gute alte Dolchstoßlegende, mit der sich die Nazis bis heute die Niederlage im Ersten Weltkrieg kleinzureden versuchen. Deutschland/Sandberg habe ja fair gekämpft, es seien die Juden/Kommunisten/Schotty gewesen, die ihm unehrlich und unehrenhaft in den Rücken gefallen sind. Jeder Anführer einer rechten Organisation kann seinem tumben Fußvolk diese Folge zeigen und daran ausführen, mit welch unredlichen Mitteln der Gegner kämpft.
Und diese Illustration einer Propagandalüge erhält nun auch noch Preise für Integration und kulturelle Vielfalt.
(Dirk M. Jürgens)