#20 That Twonky Feeling

Das ist sie nun, die allererste Weird Week auf unserer neuen Buddelfisch-Seite. Das bemerkenswerteste an unserem Neustart ist, daß wir mit unserer Schwesterseite Weirdfiction.de fusioniert sind und nun gleichzeitig Comics und Texte veröffentlichen. Mehr zum Relaunch erfahrt ihr in meiner kurzen Notiz zu den Neuerungen.
Es geht nächste Woche im übrigen direkt los mit den neuen Comics, denn dann präsentiert Dirk M. Jürgens Brotgewalt, seinen ersten Langcomic seit gefühlten zweihundert Jahren. In Brotgewalt verschlägt es den Sänger der gleichnamigen Glamrock-Metal-Truppe in ein Abenteuer, dass ihn aus der Tristesse des Showbusiness hinaus ins wahre Leben führt… doch wird Sänger Broton dieser Herausforderung gewachsen sein? Eine derbe Portion Musik, viel Action und endlich wieder grenzdebiler Humor a la Strichmann erwarten diejenigen Leser, die die Traute haben, den Buddelfisch aufzublättern, wenn Brotgewalt kommt!
Derzeit sind wir dabei, uns auf die nächsten Publikationen und den im Juni anstehenden Internationalen Comic Salon in Erlangen vorzubereiten und, soviel darf gesagt werden, es wird einige Neuheiten zu sehen geben, denn in Zusammenarbeit mit der Comic Solidarity werden wir nicht nur einen schönen neuen Ausstellungsbereich haben, sondern dort auch unser erstes Mobile Game vorstellen können. Was? Ja, ihr habt vollkommen richtig gehört, mehr dürfen wir an dieser Stelle allerdings noch nicht verraten. Dafür nun die zwanzigste Ausgabe der Weird Week.
THE TWONKY
Manche Kurzgeschichten, über die man beim täglichen Lesen stolpert, sind zu interessant, um sie nicht direkt weiterzuempfehlen, so also auch diese Woche ein Kleinod aus dem Bücherregal.

1942 verfasste Lewis Padgett (eigentlich das Ehepaar Kuttner & Moore) die Kurzgeschichte „The Twonky“. Zu Beginn der Geschichte materialisiert sich eine unheimliche Gestalt, scheinbar ein Zeitreisender, in einer ganz normalen amerikanischen Radiofabrik. Dort macht sie sich ans Werk und konstruiert im Geheimen einen „Twonky“ bevor sie sich schliesslich wieder in Luft auflöst. Wenige Tage später bewundert ein junges Ehepaar sein brandneues Radio und ist mehr als Stolz auf die hochmoderne Anschaffung. Was aber kann so ein Wunderwerk der Technik alles leisten? Erste Zweifel am Technikverständnis kommen auf, als der Ehemann mit einem blauen Lichtstrahl gescannt, als Hauptnutzer identifiziert wird und das Gerät sich auf vier Beinen marschierend daran macht, dem Hausherren die Zigarette anzuzünden und den Abwasch zu machen. Wie unerwartet! Das das Gerät aber auch eigensinnig sein kann, beweist sich schnell, als nur bestimmte Musik abgespielt wird und manch ein Buch einfach aus der Hand genommen und ins Regal zurückgestellt wird. Mit den Worten „It’s not a radio, it’s a Hitler!“ stellt man fest, dass dieses Gerät offensichtlich Zensur betreibt, um die Hausbewohner langsam umzuerziehen. Aber zu was, und nach wessen Plan? Bevor sich die Eheleute an die Klärung der Frage machen können, wird der einzige Mitwisser per Strahlendosis gehirngewaschen und unsere Protagonisten kurzer Hand desintegriert.

1954 verfilmte man den Stoff unter gleichem Titel und bleibt in weiten Teilen nah an der Vorlage, doch ist von der Vorgeschichte, in der das Gerät konstruiert wird, hier nichts mehr zu sehen. Der „Twonky“ ist auch kein Radio mehr, sondern ein vierbeiniges Fernsehgerät, das seinem Besitzer ähnliches abverlangt wie besagter Twonky aus der literarischen Vorlage. Die in Vergessenheit geratene Verfilmung endet mit der Vernichtung des Twonky durch einen Verkehrsunfall und nimmt damit der Neuerzählung nicht nur das offene Ende, sondern auch alle Bedrohlichkeit. Zumal der Film als seichte Science-Fiction-Komödie angelegt wurde und aus heutiger Sicht eher unfreiwillig komisch wirkt, kam es Regisseur Arch Oboler wohl auch nicht auf eine verstörende Interpretation des Stoffes an. Oboler war übrigens einer der späteren Chefautoren der berühmten Horror-Radioserie „Lights out“, für die er zahllose Geschichten adaptierte.
Wer eine nostalgische Reise in die 50er machen möchte, der kann an dieser Stelle einen Artikel von Horror-Regisseur Don Coscarelli lesen, in dem er einige Gedanken zu „The Twonky“ festhält.
Die Idee mit dem Twonky bleibt interessant und setzt das immer noch moderne Konzept der sanften Kontrolle sinnbildlich um. In den falschen Händen dürfte das Internet heutzutage ähnliches leisten, allerdings weitaus effektiver, und so erinnert auch the Twonky ein wenig an Bradburys Fahrenheit, in der sich Kontrolle und Feel-Good-Attitude in Dauerfernsehen und gescheiten Portionen Tabletten niederschlagen.
CAMP MT. MADNESS
Dōjinshis, also von jungen Zeichner in Heimartbeit gestaltete Mangas, erfreuen sich auch hierzulande seit vielen Jahren großer Beliebtheit. Im Internet und in selbst produzierten Kleinauflagen begannen auch die Comics von so bekannten deutschen Zeichnern wie David Füleki oder Daniela Winkler. Einen fluffigen Dojinshi startete unlängst der junge Kollege Stephan Scholz mit seiner Story „Camp Mt. Madness“, deren erstes Kapitel man auf dem Animexx-Portal lesen kann. In einer Pastiche kosmischen Horrors schickt Scholz (aka „Chop“) den jungen Edgar Allen Poe in ein Ferienlanger am Mt. Madness, an dem sich schnell unheimliche Visionen einstellen. Aber auch hier gibt es neue Freunde kennenzulernen, zum Beispiel den kleinen Howard Phillips Lovecraft. Wer Comedy-Mangas mag und gerne nach ein paar lustigen Anspielungen suchen möchte, der sollte sich bei nächster Gelegenheit mal im Ferienlager an den Bergen des Wahnsinns umsehen.
BASIL GOGOS
Horror-Fans dürften seinen Namen sicher kennen, aber ich erwähne trotzdem mal an dieser Stelle das beachtliche Lebenswerk des Malers Basil Gogos, der mit seinem unverkennbaren Pinseltstrich, dramatischen Farben und extrem stimmungsvollen Schattenspielen alle großen Monster und Schauspieler des Horrors porträtierte. Chaney, Lugosi, Karloff, Lee und Cushing, Frankensteins Monster, der Schrecken vom Amazons und Kong sind nur einige der großen Namen, mit denen sich Gogos auseinandersetzte. In den 60er und 70er Jahren verzierten Gogos‘ Gemälde die Titelblätter des Magazin „Famous Monsters of Filmland“ und sein Stil prägte sich schnell in das kulturelle Gedächtnis seiner Zeit und bleibt bis heute unvergessen. Wer mehr über Basil Gogos und seine Werke erfahren möchte, dem sei der 2005 erschienen Band „Famous Monster Movie Art of Basil Gogos“ empfohlen, den man mittlerweile recht günstig ergattern kann.
So, das war es für diese Woche. Wir hoffen, daß ihr euch auf unser neuen Seite wohlfühlt und ich verabschiede mich wie gewohnt mit den Worten Stay weird!