“Johanna von Orleans” (1999)
„Johanna von Orleans“ oder Wozu braucht Gott eine Französin?
„Johanna von Orleans“ / „The Messenger: The Story of Joan of Arc“ (1999)
von Luc Besson
Trotz einer starken Abneigung und starken Zweifeln an ihrerm göttlichen Auftrag (wieso zum Geier sollte Gott von all den vielen Kriegen im Lauf der Geschichte ausgerechnet in diesen eingreifen?) war ich irgendwie schon immer von der Figur der Jeanne D’Arc fasziniert (okay…. kurze Wuschelhaare…). Ein Film, in dem sie von der von mir geschätzten Milla Jovovich gespielt wird, hatte darum gleich gute Chancen bei mir.
Das Problem des überlangen Werkes ist definitiv der erste Teil – bei Jeannes Karriere in der Armee hätte Besson auf jeden Fall die Spuren schalen Humors (besonders den Pseudo-Obelix) herausnehmen sollen, da sie einen unschönen Kontrast zu dem tiefen Ernst des Restes bildeten. Ich persönlich hätte mich auch gefreut, wenn man darauf hingewiesen hätte, dass Jeannes Kumpel Gilles de Rais ein Massenmörder war.
Dennoch kommt der Film gut über seine Laufzeit: dreckiges, blutiges Mittelalter wie ich es liebe, große, unromantisierte Schlachten und verdammt gute Schauspieler. Milla Jovovich verdient meine besondere Anerkennung dafür, wie fanatisch und hysterisch sie die Hauptrolle spielt (okay – ihr kurzes Wuschelhaar hilft auch).
Denn da liegt auch nach wie vor der Punkt, der dem Film meine besondere Begeisterung einbrachte: spätestens am Ende, in der englischen Gefangenschaft wird im Dialog mit Dustin Hoffmann (der ihr Gewissen oder einen Gesandten des Himmels spielt) deutlich, dass sie mitnichten eine heilige Heldin ist, sondern lediglich eine Kriegerin, die den Namen eines Friedenspredigers nutzt, ohne seiner würdig zu sein. Ungewöhnlich, dass ein französischer Regisseur so schonungslos mit einer Nationalheldin umgeht, während der im gleichen Jahr entstandene amerikanische Zweiteiler mit Leelee Sobieski hingegen keine Zweifel lässt, dass der Krieg gottgewollt ist. Historische Vorausdeutung auf den Irakkrieg?
Eindrucksvoll der Sturm auf Orleans: während die Franzosen in die Festung eindringen, hat Jeanne eine Vision von Jesus, der sie fragt, was sie da tue. Sie sieht ihn mit großen Augen an und säuselt entrückt „Ich…spiele!“, dabei sehen wir sie auf einer Wiese übermütig Blumen Köpfen. Jesus sieht sie traurig an: „Was tust du?“ – Blut läuft ihm übers Gesicht und er schreit schmerzerfüllt: „Was tust du mir an!“ So erkennt sie, dass ihre religiösen Gründe nur vorgeschoben sind, während sie sich dem Narzissmus ergibt. Dieser allmähliche Erkenntnisprozess versöhnt schließlich auch den Zuschauer mit der Heldin, die zu hinterfragen er zuvor angehalten wurde, lässt ihn aber auch die Notwendigkeit ihres schließlichen Feuertodes nachvollziehen.
Besson erzählt also die Geschichte der Jeanne D’Arc, mit den legendären Stationen und bekannten Bildern, verfällt aber nicht der kriegsbefüwortenden Tendenz des Stoffes. Schon wegen dieser Leistun, ist es in meinen Augen bisher der beste Film zum Thema. Zwar hätte man in den ersten zwei Dritteln eine ganze Menge kürzen können und sollen, aber das grandiose letzte Drittel (welches natürlich am besten im Gedächtnis bleibt, weil es de Schluss ist) macht alle Schwächen wieder wett.
(Dirk M. Jürgens)