„Star Wars – Episode 8: Die letzten Jedi“ oder Enttäuschung zahlt sich aus
„Star Wars – Episode 8: Die letzten Jedi“ von Rian Johnson
Kollege Sebastian berichtete, noch nie habe er bei einem „Star Wars“-Film so viel gelacht und noch nie habe er sich hinterher so schlecht gefühlt, wie nach diesem. Mir könnte er aber gefallen. – Kollege Sebastian hatte recht.
„Die letzten Jedi“ ist kein guter Film, aber meine, über die Vorjahre erstorbene Begeisterung für die Marke „Star Wars“ ermöglichte mir, mich gut mit ihm zu amüsieren. Die große Besonderheit, die das Franchise mal für mich hatte ist schon lange weg, nun kann ich ihn ähnlich genießen wie Michael Bays „Turtles“.
Hätten mich „Das Erwachen der Macht“ und „Rogue One“ wirklich begeistert, wäre ich jetzt wohl enttäuscht gewesen, aber da ich mich nur noch lustlos ins Kino schleppte, um mitreden zu können und die aktuellen Memes zu verstehen, habe ich einen guten Schnitt gemacht.
Nimm das, Zuversicht!
Fehlende Größe als Chance
Die Fehler des Vorgängers werden nur zum Teil übernommen, aber zum Teil gibt es Besserung. Rey ist nach wie vor blass und egal, aber dafür bekommt sie nun recht wenig Screentime, Finn wird noch mehr verschwendet, als im Vorgänger, dafür macht sich Kylo Ren ziemlich.
Ja, er ist nicht der große, finstere Schurke, den ich bei „Star Wars“ eigentlich sehen will. An dem mangelt es nach wie vor – so räumt der Film offen ein, wie egal Snoke immer schon war und General Hux bleibt eine peinliche Weltraumnazi-Karikatur, die in „Iron Sky“ besser aufgehoben wäre. Dafür aber wird er zu einer dreidimensionalen Figur, die mich mittlerweile mehr interessiert, als irgendeine andere der neuen Filme. Vielleicht ist er sogar das eigentlich, in „Das Erwachen der Macht“ noch verborgene Zentrum der neuen Trilogie, die sich damit wie die ersten beiden um einen Skywalker drehen würde.
Das ist nicht die Grandezza, die ich von „Star Wars“ erwarte, aber auch etwas, das man nicht verachten darf. Mein Urteil „bla“ muss ich jedenfalls zurückziehen.
Fehlende Größe als Mangel
Nicht zurückziehen muss ich jedoch meine Klage über die Whedonisierung, die auch den Rest der, durch die legendäre Williams-Musik noch immer behauptete Größe der Reihe zerstört. Kaum etwas kann mal groß und episch gelassen werden, ohne dass man es gleich durch – mal gelungene, mal gezwungene – Scherze auflockert. Nirgendwo wird das so deutlich, wie am Anfang.
Die gewohnt pompöse Musik verklingt, nachdem uns der Anfangstext die dramatische Lage verkündet hat, die gewaltige Raumflotte des Artist Formerly Known As Empire rückt an… da taucht Rebellenpilot Poe auf und verstrickt Hux in einen Comedy-Sketch. Der ist auch tatsächlich gar nicht mal schlecht, aber sind völlig fehl am Platz. Jede Zeitlosigkeit, die ein Kunstmythos wie „Star Wars“ eigentlich immer angestrebt hat, ist damit vom Tisch, stattdessen sind wir nun klar den Trends der Zeit unterworfen.
Es gab einmal eine Zeit, da gab es keinen größeren Freund von Whedonisierung als mich. Erwartungshaltungen zu unterlaufen und zu zerbrechen ist eine tolle Sache. Aber mittlerweile hat sich da einfach Routine eingeschlichen und es klingt überall gleich. Wenn etwas Dramatisches gesagt wird, antwortet jemand mit einer undramatischen Alltagssache. So routiniert, wie der alte Gag, eine Figur etwas behaupten zu lassen und dann zu etwas zu schneiden, was diese wiederlegt. Das hat seine Frische verloren, reicht aber immer noch aus, um Größe zu zerstören.
An zwei Stellen ist mir das allerdings ganz recht: Es ward ja nach „Das Erwachen der Macht“ viel spekuliert, wer Reys Eltern waren und wer der Albino-Toxic Avenger und Imperator-Nachfolger Snoke ist. Dieser Film gibt beidem die Antwort „irgendwer halt“, was realistisch und wenig eindrucksvoll ist, aber zumindest zwei Handlungsfäden beendet.
Das ist nicht die Dramaturgie, die ihr sucht!
Denn Handlungsstränge hat der Film wahrlich genug! Und „genug“ heißt hier „zu viele“. Wie „Das Imperium schlägt zurück“ ist hier die Helden-Party getrennt unterwegs und die Erzählung wechselt zwischen ihnen. Anders als „Das Imperium schlägt zurück“ hat „Die letzten Jedi“ aber nicht für jeden etwas interessantes zu tun.
Am schlimmsten trifft es Finn, der mit einer, wohl umstrittenen (da vergessenswerten, aber vom Film recht gepushten) Rebellin auf einer actionreichen und vollkommen überflüssigen Mission unterwegs ist, weil die Vorgesetzte Laura Dern (mit violetten Haaren) es für eine gute Team-Motivation hält, ihren Leuten vorzumachen, alles wäre verloren. Völlig hirnig, völlig an den (violetten) Haaren herbei gezogen, aber nur so kann der Film sein KRAWUMM-Level halten und nebenbei noch mehr Charaktere unterbringen, aus denen man Actionfiguren machen kann.
Auf eine echte Dramaturgie verzichtet der Film so ziemlich, da er aber mit gefühlt einer Dreiviertelstunde aneinander gereihter Showdowns endet, ist er zumindest nicht langweilig.
Umstritten ist die Story um Rey, die bei Luke Skywalker in die Lehre geht. Es war nett, Mark Hamill wiederzusehen, dass es dabei viel um Kylo Ren ging, gefiel mir auch, aber so wirklich ausgebildet wird Rey natürlich nicht. Denn wie sie schon Han sagte, wie man sein Raumschiff behandelt, ist sie natürlich auch besser in Sachen Macht als Luke, der sich sein Leben lang damit beschäftigt hat. – Aber wie mir ihre Verteidiger ja immer wieder erklären, macht sie das nicht zur Mary Sue, da sie ja auf einem Schrottplaneten gelernt hat, zu überleben. Macht Sinn.
„Game of Thrones“ im All
Ohne zu spoilern, sei darauf hingewiesen, dass die Todesquote des Films vergleichsweise hoch ist. Auch, was alt etablierte Figuren angeht. Teils ist die Auswahl, wen es trifft, aber recht unglücklich. So gibt es eine ebenso dumme wie überflüssige Szene, in der Prinzessin/General Leia eigentlich stirbt, dann aber doch nicht, weil sie die Macht benutzt. Kann sie anscheinend. Wurde nie etabliert, aber wozu auch?
Und diese, ebenso unnötige wie überflüssige Szene bringt den Machern nun das Problem für die Fortsetzung, dass Carrie Fisher tatsächlich gestorben ist. Statt also des würdevollen und dramatischen Endes, das man ihr hier hätte geben können, muss man nun sehen, wie man sie heraus improvisiert. Vermutlich Karma – wenn auch leider auf Kosten einer sympathischen Schauspielerin.
Diese Aufräumaktion hat durchaus ihre Vorteile. Während der Vorgänger ja bekanntlich peinlich nah am ersten Film hing, werden hier „Das Imperium schlägt zurück“ und „Die Rückkehr der Jedi-Ritter“ auf einmal verwurstet. Will sagen, die Chancen stehen gut, dass man in „Episode 9“ wird neue Wege beschreiten müssen, weil die Vorlagen ausgegangen sind.
Dafür wird es dann vermutlich wieder mehr Rey geben, so dass ich nicht zu hoffnungsvoll werden sollte. – Nicht, dass auch ich mich noch in eine Erwartungshaltung verirre, die dann wieder enttäuscht werden kann.
(Ich äußere mich übrigens nicht zu den Porgs, da die nur eine Lautverschiebung davon entfernt sind, dass jeder Widerstand gegen sie zwecklos ist.)