„The Filth“ von Grant Morrison
„The Filth“ – Miniserie in 13 Ausgaben, geschrieben von Grant Morrison, gezeichnet von Chris Weston und Gary Eskine, veröffentlicht 2002/2003 von Vertigo Comics
Comic-Fans lieben Grant Morrison. Warum auch nicht! Schliesslich ist der gebürtige Schotte einer der großen Namen im Geschäft seit er in den Achtzigern höchstpersönlich dabei war, als die Briten den US-Comic revolutionierten.
Er ist allgemein bekannt für seine anti-sozialen Themen, für nicht-lineare Erzähltechniken, für psychedelische Einflüsse und dafür, daß seine Werke die abstrusesten Kontroversen lostreten.
Nachdem er im Mainstream als Autor von „Batman“, „Hellblazer“ und „Justice League of America“ Erfolge feierte (nicht zu vergessen „Arkham Asylum“ mit Dave McKean) , schuf er zwischen 1994 und 2000 seine große Serie „The Invisibles“. Die Geheimorganisation „The Invisible College“ kämpft darin gegen außerirdische Wesenheiten, die eine unwissende Menschheit fast vollständig versklavt haben. Grant Morrison verarbeitet in der Serie nach eigenen Aussagen ein spirituelles Erlebnis, das er in Kathmandu hatte – und nun wollte er im Zuge der Verschwörungskultur der 90er Jahre ein Symbolkonstrukt schaffen, daß die Menschheit über die Popkultur in eine neue, positivere Richtung lenken sollte. Dazu kreierte er die „Invisible College“-Zelle um den Terroristenführer King Mob, Lord Fanny (eine brasilianische Schamanin nach Geschlechts-Op), einen New Yorker Ex-Cop, eine Telepathin, und einen jungen Hooligan aus Liverpool, der der nächste Buddha sein wird.
„The Invisibles“ gilt als Klassiker, doch – vielleicht aufgrund der langen Laufzeit und des experimentellen Konzeptes – sanken die Verkaufszahlen stetig – da half auch nicht der von Grant Morrison ausgerufene „Wichs-Marathon“, der Fans auf aller Welt zum Synchron-Masturbieren bringen sollte um soviel magische Energie aufzubringen, daß die Verkaufszahlen astronomische Höhen erreichen würden. Der Erfolg ließ auf sich warten… 2 Jahre nach „The Invisibles“ schien das Astral-Sperma jedoch wieder auf Morrisons Seite! „The Filth“ erhielt grünes Licht und bildet, obwohl storytechnisch nicht verbunden, ein Begleitwerk zu „The Invisibles“.
„The Filth“ beginnt im Leben des abgehalfterten britischen Rentners Greg Feely, dessen Leben sich hauptsichtlich auf Pornographie und das Versorgen seiner Katze ausrichtet. Doch, oh weh, der Job ruft und plötzlich steht eine seltsame Dame in seinem Wohnzimmer und bringt ihn dazu, seine Para-Persönlichkeit Ned Slade aus der Nase auszubluten. Feely war nichts als ein Versteck und nun ist Ned Slade zurück um gemeinsam mit seiner Partnerin Miami den Dienst für „The Filth“ anzutreten – in einem mit Riesengebiss ausgetattetem Müllwagen, der sie im richtigen Gang in eine Paralleldimension bringt wo sie im Hauptquartier der Organisation Befehle von „Mother Dirt“ entgegennehmen. An seine Seite gesellt sich auch Dmitri-9, ein russicher Schimpanse und tödlicher Scharfschütze. Auftrag um Auftrag lässt Slade langsam erneut das Vertrauen in die gandenlose Organisation verlieren und bald duelliert er sich mit dem Ersatz-Feely, (der in Slades Abwesenheit seine Katze quält) um sein altes Leben zurückzuerobern. Irgendwo zwischen Schizophrenie, Transzendenz, Gegenkultur und dystopischer Realität, zwischen Nazi-Delfinen und Sesseln aus Darmzotten findet Grant Morrison immer wieder Gelegenheit einzelne Episoden zu stricken, die unvergessen bleiben. Die Rahmenhandlung ist sehr allegorisch und kaum etwas bleibt bedeutungslos – und zum Schluss scheint alles nur in einem einzigen endlosen Moment geschehen zu sein, alles – Illusion und Zeit und Sequenz – löst sich auf zu einer einzigen „Idee“.
Lest „The Filth“. Ihr werdet es nicht bereuen. Und wenn Ihr denkt, daß Ihr es doch bereut, dann seid Euch dessen versichert, daß auch dies, wie alles im Leben, nur Teil einer Illusion ist, in der Grant Morrison Euch zumindest die Gelegenheit gibt, ein bisschen dichter ans Licht zu schwimmen!
[rating:5]
Links zum Thema:
– Webseite von Grant Morrison